The Q

1. Platz / Urbanes Flächenrecycling

Beschreibung

Das unter Denkmalschutz stehende ehemalige Quelle-Versandzentrum in Nürnberg ist ein herausragendes Gebäude der Nachkriegsmoderne. Vom Architekten Prof. Ernst Neufert als nutzerspezifische Spezialimmobilie geplant, prägte es Jahrzehnte das Stadtbild. Mit der Quelle Insolvenz 2009 änderte sich alles: 250.000m² BGF waren ungenutzt und lagen brach. Das zweitgrößte leerstehende Industriedenkmal Deutschlands brauchte ein neues Nutzungskonzept. Seit 2018 entwickelt die GERCHGROUP die Vision einer Mixed-Use-Immobilie mit den Nutzungsschwerpunkten Wohnen (ca. 1.000 WE), Büro, Einzelhandel, Gastronomie, ergänzt um soziale Einrichtungen wie z.B. eine Kita. Der geförderte Wohnraum entsteht auf einer benachbarten Kompensationsfläche. Die Fertigstellung der Revitalisierung beginnt ab dem Jahr 2024.

Ziel

Die Komplexität des Projekts generiert diverse Zielvorgaben. Die Entwicklung eines nachfragegerechten Nutzungskonzeptes und Herbeiführung der erforderlichen Nutzungsänderung unter Berücksichtigung einer praktikablen Realteilung für die künftige Vermarktung stehen im Vordergrund. Die Aufhebung der städtebaulichen Barrieren zugunsten einer offenen Stadtteilqualität führt zu einer Neuintegration des Areals in seine urbane Umgebung. Hierbei sind kommunale Ziele sowie der Austausch mit unterschiedlichen Interessensgruppen zu beachten. Das Quelle-Versandzentrum ist eine Industrie-Ikone. Die Würdigung der architektonischen Gebäudequalität und -historie erfolgt unter Einbindung der Denkmalpflege. Darüber hinaus müssen Themen der Nachhaltigkeit und wirtschaftliche Aspekte Berücksichtigung finden.

Herausforderungen

Im Wesentlichen gilt es den aktuellen Leerstand, der sich auf 250.000m² BGF beläuft, durch ein nachhaltiges Nutzungskonzept mit Leben zu füllen und dem Stadtteil ein modernes Quartier zurückzugeben. Das Gebäude war auf die spezifische Nutzung des Quelle-Versandzentrums ausgelegt und offenbart viele Herausforderungen: Insbesondere verteilt sich die BGF auf 5 miteinander verbundene Baukörper, die Gebäudetiefen von bis zu 73m aufweisen. Zur Realisierung höherwertiger Nutzungen wie z.B. Büro und Wohnen sind Einschnitte von Lichthöfen erforderlich, für die die statische Komplexität überwunden werden muss. Bei der Revitalisierung sind die Belange des Denkmalschutzes (z.B. Fassade/Fenster) mit der neuen Nutzung, unter Berücksichtigung heutiger, energetischer Standards in Einklang zu bringen.

Kooperationen

8 Wochen nach Ankauf wurde bereits ein städtebaulicher Vertrag mit der Stadt geschlossen, in dem Rahmenbedingungen und Planungsziele für die Entwicklung des Areals einvernehmlich festgelegt wurden. Auf dieser Basis ist das Projekt in einem partnerschaftlichen Prozess mit allen Beteiligten vorangebracht worden. Das Konzept wurde bereits in der Ankaufsphase durch ein interdisziplinäres Team erarbeitet, welches größtenteils bis heute involviert ist. Die Architekten von ksg beschäftigen sich seit vielen Jahren mit dem Gebäude und fungieren als Berater der Neufert Stiftung, mit der auch ein Kooperationsvertrag besteht. Die Planung wurde in engem Austausch mit den Fachämtern und künftigen Nutzern abgestimmt, wodurch schnelle und pragmatische Lösungen trotz der großen Komplexität gefunden wurden.

Mehrwert

Der historisch gewachsene Gebäudekomplex wird nach 15 Jahren Leerstand durch die Entwicklung wachgeküsst. Öffentliche Wege durch das Areal beenden die Barrierewirkung des gewaltigen Bestandes. Für den Stadtteil werden erlebbare Verbindungen geschaffen. Das im Süden des Gebäudes gelegene Wohnquartier wird an das Fuß- und Radwegenetz im Norden angebunden und ebnet Wege zu Naherholungsgebieten wie den Pegnitzauen. Das Außenraumkonzept vernetzt die neuen Grünflächen und Pocket-Parks auf dem Areal mit den umgebenden Grünräumen. Der neue Vorplatz mit erweiterter Anbindung an die bestehende U-Bahnstation schafft ein neues Entrée. Durch die Realisierung des Behördenzentrums für die Stadt auf einer Mietfläche von 42.000m² werden an dem Standort Ämter gebündelt, was der Bevölkerung zugutekommt.

Besonderheit

Das Volumen in Verbindung mit der Lage des Projektes sind bereits ungewöhnlich, es entsteht eine Stadt in der Stadt mit allen Annehmlichkeiten in unmittelbarer Nähe. Durch die bewusste Reduzierung der BGF von 250.000 auf 170.000 m² wird städtebauliche Qualität geschaffen und eine Nachnutzung des Bestandes erst überhaupt möglich. Die bauliche Substanz des Denkmals wird bis auf die neuen Lichthöfe erhalten. Dies wird als identitätsstiftender Mehrwert gesehen, da viele Nürnberger mit der ehemaligen Quelle eng verbunden sind. Hervorzuheben ist, dass durch die Revitalisierung des Bestandes ein wesentlich geringerer Ressourcenverbrauch als bei einem vergleichbaren Neubau entsteht. Auch die CO2-Emissionen wären bei einem Neubau um ca. 160% höher als bei der Revitalisierung.