Studentenwohnen Ingolstadt

Beschreibung

Was machen mit einem leerstehenden, in die Jahre gekommenen Einkaufsmarkt aus den 70ern? Das fragte sich der Bauherr im Jahr 2018 nach erfolglosen Versuchen, den Markt am Leben zu halten. Der alte Einkaufsmarkt lag eigentlich günstig zwischen dem Audi-Forum und der Ingolstädter Altstadt und zugleich etwas versteckt in einem gewachsenen Mischgebiet. Die großen Supermärkte sind längst auf die grüne Wiese gezogen. Der vorhandene Betonflachbau umfasste Lagerräume im Keller und Verkaufsräume im Erdgeschoss auf einer Grundfläche von 731 qm. Die Lagerräume konnten über eine Rampe direkt befahren werden.

Ziel

Die Grundidee war schnell gefunden: Eine Aufstockung auf dem Betonflachdach mit 18 kleinen Studentenwohnungen und insgesamt 552 qm Wohnfläche . Auch die Integration zum Nachbargebäude war für den Bauherrn wichtig. Die Kellerräume vom Einkaufsmarkt sollten Stellplätze werden und die Verbindung zum Nachbarwohnhaus sollte Keller- und Nutzräume für die neu entstehenden Wohnungen bieten. Auch im Erdgeschoss des ehemaligen Marktes werden Stellplätze geplant, notwendig durch die Anzahl der Wohneinheiten. Trotzdem blieb noch Raum für eine kleine Verkaufsstätte von 228 qm im Erdgeschoss. Sie ist heute Caffèbar und bietet einen Treffpunkt.

Herausforderungen

Die Aufstockung zu bewerkstelligen wurde eine Herausforderung. Die Betondecken waren alt. Zusätzliche Stahlträger und eine Verstärkung des Betons waren nötig. Auf der anderen Seite musste das Material für die Aufstockung möglichst leicht sein: Die Architekten von abhd planten ein Holzhaus aus Massivholzelementen, denn Holz ist leichter als Beton oder Stein. Das alte Flachdach wurde zum Innenhof des neuen Studentenwohnhauses. Die hohen Anforderungen an den Brandschutz konnten durch die offene Laubengangerschließung und die Fassadengestaltung gelöst werden.

Kooperationen

Die Tatsache, dass der Bauherr vom Fach ist, machte partnerschaftliches Arbeiten auf Augenhöhe einfach. Die Architekten von abhd favorisierten zu Anfang eine Holzfassade. Der Bauherr wollte ein Metallblech. Beide Seiten waren unentschieden, bis der Metallbauer NEDO einen Vorschlag hatte, der alle begeisterte: Ein durchlässiges Steckmetallkleid, nicht brennbar, robust und dennoch charmant. Die dahinterliegende Dämmebene wurde dunkelgrau kaschiert, die davorliegende, hinterlüftete Streckmetallfassade wurde goldfarben eloxiert. Der metallische Glanz, aber auch die präzise Planung und und Verarbeitung bringen die Fassade zum leuchten. Die changierenden, warmen Farbeffekte werten den grauen Beton, ja sogar die ganze Umgebung auf, ohne sie in den Schatten stellen zu wollen.

Mehrwert

Auch in der jüngsten Großstadt Deutschlands, Ingolstadt, ist Wohnraum knapp. Viele Studierende der nahe gelegenen aufstrebenden Technische Hochschule Ingolstadt suchen Wohnungen. Das Projekt schafft bezahlbaren Wohnraum mitten in der Stadt, 5 Minuten mit dem Fahrrad entfernt zur Hochschule. Durch die Aufstockung musste kein Boden versiegelt werden. Auch die nötigen Stellplätze konnten innerhalb des Bestandes untergebracht werden, das heißt auch hier mussten keine Grünflächen versiegelt werden. Im Ingolstädter Piusviertel, dem Sanierungsgebiet „Soziale Stadt“, schafft es ein in Privatinitiative entstandenes Projekt, einen positiven Impuls zu setzen, der auf die Umgebung ausstrahlt.

Besonderheit

Zu schnell wird in ähnlicher Situation ein Abbruch favorisiert, um dann ohne Hindernisse seine Ideen umsetzen zu können. In einer gewachsenen älteren Umgebung wirken solche Neubauten oftmals wie Fremdkörper und konkurrieren mit dem Bestand, hingegen eine Erweiterung bezieht den Altbestand mit ein. Das Projekt „Studentenwohnen Ingolstadt“ zeigen, dass auch der bewusste Schritt der Aufstockung und eine warm-exzentrische Außenhülle die Umgebung mitstrahlen lässt. Ein Gewinn für alle.