Stadthaus am Markt, Albstadt

Bewerbung / Intelligente Nachverdichtung

Beschreibung

Das zentral am Markt gelegene leerstehende ev. Kirchengemeindehaus von 1938 und ein angrenzender öffentlicher Parkplatz, der im Zuge der Ortskernsanierung zum Verkauf stand, boten die Gelegenheit ein Mehrgenerationenhaus zu konzipieren. Die aufwändige Sanierung des Altbaus und dessen Ergänzung um einen zweiflügeligen Neubau generiert ein Gebäude, das sich in die vorhandenen kontextuellen Strukturen integriert, diese neu entwickelt und qualitativ aufgewertet. Die 12 Wohneinheiten mit komplett unterschiedlichen Grundrissen bieten ein breites Spektrum an Wohnungsgrößen und -typen. Dies ermöglicht nicht nur eine Durchmischung verschiedenster Altersgruppen und Familienstrukturen, sondern es entwickelt sich eine vielfältige Bewohnerstruktur, die die Nachbarschaft bereichert.

Ziel

Das Wohnbauprojekt setzt sich mit der intensiven Nutzung der Potentiale des Vorhandenen und mit zentralen Themen der gegenwärtigen Baukultur auseinander. So wirkt es nicht nur der baulichen Verödung und dem Leerstand der mittelstädtischen Zentren entgegen, sondern hilft diese vielmehr durch bezahlbaren Wohnraum zu reaktiviert. Das Projekt gibt gezielt Antworten auf aktuelle und zukünftige Lebensbedürfnisse der Menschen in dieser Region, die sich ein lebendiges und lebensschönes Zentrum wünschen. So ist das Projekt durch angemessene gestalterische Zurückhaltung und wirtschaftlich attraktiven Wohnraum, Impulsgeber für die weiteren Umbauprozesse im Ortskern.

Herausforderungen

Durch die wirtschaftlichen Entwicklungsprozesse und die Abwanderung der Textilindustrie hat sich das einst prosperierende mittelstädtische Albstadt in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Das Zentrum ist geprägt von Baulücken, Leerständen, und suboptimal benutzten baulichen Bestand. So werden die bestehenden Bau- und Bodenressourcen durch das Stadthaus am Markt wieder aufgewertet und wirken als wertige Nachbarschaften für die neugestalteten öffentlichen Räume des Ortskerns. Die Straßenräume werden wieder rekonstruiert und gefasst, und die städtebaulichen Orientierungsachsen und räumlichen Blickbezüge werden im Umfeld des initiierten Projektes repariert.

Kooperationen

Bauten wie das ehemalige Gemeindehaus sind Zeugnisse historischer Formen des solidarischen und gemeinschaftlichen Lebens und prägen die Identität der Stadt und Ihrer Menschen. Dem Bauherrn ging es nicht nur darum ein Gebäude mit seinem Gedächtnis zu retten, zu dem er bereits Bezug in seiner Kindheit hatte, sondern als Tragwerksplaner gemeinsam mit den Architekten, einen konkreten Vorschlag für die Wiedergewinnung zukunftsfähiger Formen des Zusammenlebens und Wohnens zu entwickeln. Hierfür wurde das Gebäude komplett neu konzipiert, programmatisch wiederbelebt und weitergebaut. Ein Bauherr mit privatem Engagement, der sich für die Belange seiner Stadt einsetzt, war bereichernd für das gesamte Planungsteam.

Mehrwert

Durch die bauliche Intervention der beiden Neubauflügel an den Altbau werden mit den anderen bestehenden Nachbargebäuden zwei Innenhöfe gebildet und das existierende Stadtgewebe vervollständigt. Diese Höfe nehmen die Außenraumgestaltung der Innenstadt auf und wirken so mit Ihrer Bepflanzung der Überhitzung des verdichteten Raums entgegen und unterstützen die Frischluftströme im Tal. Die gemeinschaftlich genutzte Gartenanlage wirkt als sichtbare grüne Oase neben dem Marktplatz. Die Kopfsituationen des Neubaus werden gestalterisch durch plastische Abrundungen mit Balkonen und Terrassen geprägt, welche die räumlichen Schwellen zwischen Innen und Außen, Privat- und Gemeinschaftsleben deklarieren. Hier findet der Dialog und informelle Austausch zwischen den Bewohnern und den Nachbarn statt.

Besonderheit

Unter den Aspekten Re-Use und ressourcenschonendes Weiterbauen wurde versucht durch regenerative und regionale Baumaterialien und Bauweisen das Projekt ganzheitlich zu behandeln. Im Sinne des „zirkulären Bauens“ wurden so viele Baumaterialien wie möglich behalten oder wiederverwendet. Die komplexe Hybridkonstruktion aus Mauerwerk, Stahlbeton und Holzbau wurde ausschließlich mit lokalen Handwerkern und überwiegend regionalen, wertigen und dauerhaften Bauprodukten realisiert. So konnten Transportkosten minimiert, aber auch handwerkliche Kompetenzen und Kräfte aus der Region einbezogen und gefördert werden. Beispielsweise wurden die Mauerwerkssteine nur 3 km von der Baustelle entfernt hergestellt und die Holz-Alu-Fensterelemente sind lokal mit Fichtenholz aus dem Schwarzwald produziert.